Quo Vadis Fußball?

Quo Vadis Fußball?

Versuch einer Analyse mit dem neuen Fußballfachwart des TuS Westerloy

Westerloy im April 2021

 

Die Frühlingssonne taucht die Plätze im frischen Grün in ein trügerisch verheißungsvolles Licht, aber der kalte Nordwind bläst keinen motivierten Spielern ins Gesicht, sondern nur etwas Staub über den leeren Platz.

 

Corona hat den Trainings- und Spielbetrieb erstarren lassen und so scheint sich auf den sonst so leidenschaftlich bespielten Schauplätzen eine Art Dornröschenschlaf auszubreiten. Doch der Schein trügt, denn der Hofstaat des TuS Westerloy ist nach dem großen Knall im europäischen Fußball aus der letzten Woche noch mit erhitzten Gemütern dabei die Lage zu erörtern und für den, eher zu den kleineren der europäischen Vereine zählenden, Club einen Weg aus der Sinnkrise zu suchen.

 

Doch während der ein oder andere noch eschauffiert in Hektik böse Tiraden über die Großen da oben ins Netz tickert, sitzt beim TuS Westerloy ein neuer Mann am Steuer der Fußballabteilung und schaut gelassen und visionär über sein kühles Bier in die Zukunft: Roland Schmidt. Wir haben den Fußball Visionär besucht und Ihm ein paar Fragen rund um den Fußball gestellt.[1]

 

Redaktion: Roland, bevor wir zur Dir kommen, das Thema Super League und Champions League Reform dominiert noch immer die Presse. Wie kommt ein Verein wie der TuS Westerloy in dieser Situation zur Ruhe?

 

Roland: Erstmal war es wichtig, dass wir uns von Anfang an klar positioniert haben. Die Fan Proteste haben gezeigt, dass wir mit unserem Herzen auf der richtigen Seite stehen und das sollte uns gar nicht weiter beunruhigen, sondern uns die Kraft geben von unten heraus etwas Neues aufzubauen. Wir sind die Basis, die über uns sind doch am wackeln.

 

Redaktion:  Das ist eine mutige Position für einen kleinen Verein, der in der Regel doch schauen muss, ob für ihn was übrig bleibt.

 

Roland: Ob das mutig ist, müssen andere bewerten. Ich sehe wenig Abhängigkeiten von Investoren und Hedge Fonds bei einem Verein wie dem TuS Westerloy und eine große Nähe zur Fanbasis. Bei uns hat keiner Trikots vor dem Spielfeld verbrannt und mit soviel Rückhalt für die eigene Position kann man doch nach vorne blicken ohne außerordentlich mutig sein zu müssen.

 

Redaktion: Bevor wir nach vorn blicken, schauen wir noch einmal zurück.

 

Roland: Da sehe ich meine Wand mit den Sammel-Trikots. Damit habe ich vor ein paar Jahren angefangen. Da sind ein paar schmucke Exemplare dabei, findet ihr nicht auch?

 

Redaktion: Wir meinen den TuS Westerloy, Du bist ja erst relativ frisch dabei und der TuS hat in den letzten Spielzeiten ...sagen wir mal Federn gelassen.

 

Roland: Die meisten Federn in Westerloy werden immer noch bei Mario Kleinert gelassen. Dass jeder Verein mal durch eine schwerere Zeit gehen muss, sehen wir auch woanders. Jetzt überlappen sich ein wenig die Ereignisse mit den Krisen. Aber wenn man aus jeder Krise gestärkt hervorgeht, dann sind wir hier gerade im Trainingslager, während andere vielleicht gerade aufstecken.

 

Redaktion: Und wenn wir nach vorn schauen?

 

Roland: Wir brauchen eine Gegenbewegung zu dem was da oben passiert. Etwas nachhaltiges, etwas regionales. Mannschaften aus den Nachbarschaften, die nicht durch Europa jetten, um Fußball zu spielen. Ein einfaches Konzept, einmal im Jahr bei euch, einmal bei uns. Und danach zusammen ein Bierchen trinken bei dem auch jeder Tropfen genossen werden kann. Was machen uns die Großen vor: Fernreisen, Verschwendung, Bierduschen. Ich sehe CO2-Emissionen, Ressourcenverschwednung und eine Gefährdung des Grundwassers. Da ist regionaler besser, nachhaltiger und bringt die Leute auch näher zusammen.

 

Redaktion: Kreisklasse?

 

Roland: Ja, ihr seid gut, ein schönes Branding für die Idee. Das hat was „Klasse“ statt Super und „Kreis“ das steht doch für so Gemeinsamkeit und Vertrautheit.

 

Redaktion: Aber das gibt es doch schon.

 

...(betretenes Schweigen)...

 

Roland: Das macht es einfacher.

 

...(betretenes Schweigen)...

 

Redaktion: ...und so konkret jetzt, was hat der TuS vor, so mit Dir und Du mit dem TuS?

 

Roland: Der Verein soll eine Plattform bieten für alle, die Fußball spielen wollen, da wollen wir die Leute abholen. Einfach Fußball spielen. Ich bringe ein paar gute Kontakte mit und der Verein hat die auch. Wir können also ein gutes Umfeld bieten. Aus so einer Atmosphäre der Gemeinsamkeit kann sehr viel wachsen, auch ohne große Finanzmittel. Wichtig ist der Team Spirit, das Gemeinschaftsgefühl und der Teamgeist und diese Attribute muss der Verein mit Leadership, Comitment, Engagement und, auch wenn ich mich jetzt wiederhole, mit Gemeinschaftsgefühl und Teamgeist vorleben. Team Spirit dabei nicht vergessen.

 

Redaktion: Gute Kontakt aus einer spannenden Vergangenheit, Du hast auf dem gleichen Rasen gestanden, wie ganz Große des Fußballs.

 

Roland: Im Weserstadion zum Beispiel. Das ist schon ein erhabenes Gefühl, wenn man da über den Platz läuft und weiß was das für eine Fußballgeschichte hat.

 

Redaktion: Zu welchem Anlass war das?

 

Roland: Wann weiß ich nicht mehr, wir haben da mal ne Besichtigung vor ein paar Jahren gemacht.

 

Redaktion: Wenn nun ausreichend viele Spieler diese Möglichkeiten beim TuS wittern und kommen, fehlt da nicht für einen solchen Verein die Tradition, die Verbindlichkeit und die Identität?

 

Roland: Ach, ich mag so platte Worthülsen nicht. Das ist doch Geschwafel. Fußball ist ein einfacher Sport. Ob Männlein oder Weiblein, wer kicken will, will Spaß haben, ein nettes Umfeld, eine warme Dusche und vielleicht ein kühles Bier. Oder zwei.

 

Redaktion: Danke für Deine Zeit.

 

Roland: Danke auch, Prost.

 

Redaktion: Prost.

 



[1] Da wir ihn leider aufgrund der Pandemie Auflagen nicht besuchen können, haben wir uns das Interview redaktionell aufbereitet und ihn später um Zustimmung gebeten.

 


 

Steckbrief: Roland Schmidt

 

Jahrgang: 64

 

Position: Fußballfachwart TuS Westerloy seit 2021

 

Steckte in Fußballschuhen seit dem 6. Lebensjahr.  Infiziert hatte er sich fußballerisch beim SV Ofenerdick und ist beim Leder geblieben, weil es noch keine Mobiltelefone gab. Spielte einst in der Jugend bei der Mini-WM für den SVO unter zairischer Flagge und sein Herz schlägt seit jeher für den SVW.

 


Optimistisch trotz aller Turbulenzen - Roland Schmidt vor seiner Schatzkammer mit Hündin Lulu.
Optimistisch trotz aller Turbulenzen - Roland Schmidt vor seiner Schatzkammer mit Hündin Lulu.